Woche 36

Zumindest befand ich mich in dieser Woche, als ich diese Seiten geschrieben habe. Ort des Geschehens: Esbjerg, Dänemark. So richtig eingelebt habe ich mich noch nicht. Aber immerhin sind die ersten Kollegen eingetroffen, da fühlt man sich nicht mehr ganz so fernab von Allem.

Montag, 30.08.2004

Neue Woche, neues Glück: Ich habe die Wohnung von Ivan gefunden, und noch ein weiterer Student aus meinem Programm (Gustavo) ist angekommen. Wir haben als Erstes unsere Wohnungen inspiziert, und ich habe wie zu erwarten den letzten Platz in der Wohlfühl-Wertung belegt. Das gesamte Umland der Uni besteht aus Studentenwohnungen - warum nur sitze ich am Hafenbecken? Dieser Frage kann ich leider erst am Mittwoch nachgegen.
Wir haben unsere Füße jedenfalls ganz schön strapaziert heute, dabei diversen Supermärkten und Geschäften in der Stadt einen Besuch abgestattet und uns mit dänischen SIM-Karten eingedeckt. Diese scheinen das einzig günstige Angebot hier zu sein, beim Anblick der Preise in den Supermarktregalen wird einem schwindelig. Ein Beispiel: Das Glas dänische Orangen-Marmelade (exakt identisch) bekommt man in Lemgo für ca. 1,20 Euro. Hier kostet der Spaß 18 Kronen - das sind nach aktuellem Kurs 2,60 Euro.
Der Stoppelhopser hat sich heute Nacht übrigens als unerwartet widerstandsfähig erwiesen. Nach den Wassermassen die gegen mein Fenster geklatscht sind hatte ich schon die schlimmsten Landunter-Visionen vom Inneren des Zook. Aber von ein paar Tropfen unter den Fußmatten abgesehen war er doch tatsächlich trocken geblieben. Ist auch besser so, der Faltgarage kann ich nach ersten Feldversuchen leider keine Sturmtauglichkeit bescheinigen.

Dienstag, 31.08.2004

Der August neigt sich dem Ende, und anscheinend will sich das Wetter hier diesem Umstand anpassen. Es hat den ganzen Tag über geregnet, die wenigen Pausen waren nichtmal lang genug um trockenen Fußes den nächsten Supermarkt zu erreichen. Der nasse Dauerlauf hat sich aber durchaus gelohnt, da im Supermarkt vor der Haustür ein paar Sachen ungemein preiswerter sind als in dem Gestrigen. So bekommt man hier die 1,5-Liter Getränkeflaschen glatt für den halben Preis, diesen eklatanten Unterschied konnte mir bisher niemand erklären.
Angesichts der depressiven Wetterlage habe ich mein Gesicht dem leuchtenden Notebook-Bildschirm zugewandt und auf der Mini-Festplatte ein wenig aufgeräumt, unterstützt von zahllosen MP3s. Dabei habe ich unter Anderem festgestellt, daß vor einem Jahr in Schweden die Sonne geschienen hat (Michals Bildersammlung war auch noch auf der Platte), und daß sich die alten Nintendo-Videospiele mit einer PC-Tastatur nicht annähernd so gut spielen lassen wie mit den Controllern der Konsole. Außerdem vermisse ich einen Wasserkocher. Jedesmal Wasser in einem Topf zum Kochen zu bringen ist mangels Schnellkochplatte eine Sache von min. 10 Minuten, beim Earl-Grey-Tee ergibt sich damit eine Schlagzahl von 15 Minuten. Das muß schneller gehen. Hat eigentlich schonmal jemand einen Herd mit drei Kochplatten gesehen?

Mittwoch, 01.09.2004

Na endlich, der erste September ist da, und damit auch die für die Zimmervergabe verantwortliche Urlauberin in der Uni. Wie zu erwarten war ich heute Morgen nicht der Einzige, der sie sprechen wollte. In den 10 Minuten Zeit, die sie für mich hatte, hatte konnte sie mir leider nicht viel Hoffnung bezüglich meines angestrebten Wohnungswechsels machen. Es sind wohl gerade mal soviele Zimmer vorhanden wie Studenten da sind, und da ist ein Wechsel nur dann möglich, wenn entweder jemand Anderes in mein Zimmer will (...unwahrscheinlich...), oder aber sein Semester hier wieder Erwarten nicht antritt. Schlechte Aussichten...
Die einzig noch verbleibende Alternative habe ich dann heute Nachmittag in Angriff genommen: Ein Besuch im Touristenbüro, wo man bei Wohnungssuchen angeblich auch weiterhelfen kann. Kann man dort auch, solange es sich um eine Ferienwohnung handelt. Wohnungen für längere Zeiträume gibt es zwar auch wenige, aber die wären dann alle unmöbliert. Alles in Allem also ein unbefriedigender Tag.

Donnerstag, 02.09.2004

Boah. Blauer Himmel! Und das den ganzen Tag. Passend zum Wetter hat sich auch meine Laune verbessert, nachdem ich heute Morgen in der Uni mehr durch Zufall nochmal auf die Dame von der Wohnungsvergabe getroffen bin. Sie hatte gute Nachrichten für mich, ein Student aus Sct. Georg (da, wo der Rest meiner Gruppe wohnt) ist gestern abgereist, damit wäre dort ein Zimmer für mich frei. Na also, es geht doch! Natürlich stellt sich damit gleich das nächste Problem: Wie komme ich aus meiner Bude schnellstmöglich raus? Meinem Vertrag zufolge frühestens Ende September. Nach einigem Hin und Her im Büro geht es eventuell auch zum 13 September, was mir natürlich deutlich lieber wäre. Auf die Klärung dieser Frage muß ich leider bis Morgen warten, aber immerhin geht es schonmal wieder bergauf und ich bin nicht gezwungen, monatelang fernab der Uni zusammen mit den Arbeitern einer Fischfabrik zu wohnen.
Aber der Wohnungserfolg war ja nicht das Einzige heute, ich habe auch was für die Gesundheit getan und bin auf den Inlinern zur Uni gerollt. Ich tu's kein zweites Mal. Nicht nur weil ich total naßgeschwitzt dort angekommen bin, sondern auch aufgrund des dänischen Straßenbaus. An Platz mangelt es zwar nicht, aber wer den dänischen Asphalt und den darin eingebackenen grobkörnigen Schotter kennt, kann sich ungefähr die Massagewirkung der Inliner vorstellen. Mir kribbelt jetzt noch alles, von den Beinen bis zum Scheitel.

Freitag, 03.09.2004

Heute standen die beiden Begrüßungsversanstaltungen an der Uni auf dem Plan, einmal für unsere MIT-Gruppe, und dann nochmal allgemein für alle auswärtigen Studierenden. Viel Neues wurde uns aber nicht berichtet. Besonders gut durchdacht wurde scheinbar die Vergabe des Stundenplanes: Dieser ist nicht etwa für uns paar Figuren schnell über den Kopierer gezogen worden, sondern steht als Download auf den Internetseiten des Fachbereichs zur Verfügung. Tja, dann fehlt uns jetzt nur noch 'nen Rechnerzugang...
Neuigkeiten von der Wohnungsfront: Das jetzige Zimmer bleibt mir theoretisch noch bis zum 13. September erhalten, ich kann aber schon ab heute die andere Wohnung beziehen. Na also, der Trend geht zur Zweitwohnung. Ich habe erstmal in Ruhe meine Klamotten eingepackt (gut, daß ich garnicht erst viel ausgepackt hatte) und werde dann Morgen umziehen. Zur Feier des Tages hab' ich mir dann den leckeren dänischen Kuchen gegönnt und dann den (übrigens sehr sonnigen) Tag ruhig ausklingen lassen.

Samstag, 04.09.2004

Ich habe fertig. Also den Umzug. Na gut, und selber war ich danach auch ziemlich fertig, den ganzen Krempel über eine nicht unerhebliche Anzahl an Stockwerken zu schleifen schlaucht ganz schön. Immerhin habe ich alles genauso wieder eingepackt bekommen, wie es ursprünglich gedacht war.
Nun sitze ich also in Sct. Georg, zusammen mit haufenweise internationaler Studenten, habe ein eigenes Badezimmer und eine recht geräumige und gut möblierte Wohnung. Dazu kommen noch ein eigener Kühlschrank und ein abschließbarer Vorratsschrank in der Küche. Soviel Luxus bin ich garnicht mehr gewöhnt...
Jedenfalls bin ich froh, gerade noch rechtzeitig aus der alten Bude herausgekommen zu sein. Mittlerweile sind dort alle Zimmer belegt, Küche und Bad dauerfrequentiert, und die ganze Etage stinkt nach der Ansammlung an internationaler Küche und Kettenrauchern, die es nunmal ist. Da gefällt's mir hier doch schon gleich vieeel besser.

Sonntag, 05.09.2004

Mir fehlt noch etwas Wichtiges für die Registrierung der auswärtigen Studenten in Ribe morgen früh: Zwei Paßfotos. Nach umfangreicher Recherche gibt es in Esbjerg offensichtlich nur einen einzigen Paßbildautomaten. Dessen Konstruktion stammt bestimmt noch aus einer Zeit, als ich noch nicht auf Erden wandelte, nur die Preisgestaltung hat sich seit damals stark verändert. Mangels Banknoteneinzug muß man jedenfalls Unmengen an Kleingeld in dem Ding versenken, ohne beim Resultat - den Bildern - eine entsprechende Qualität vorzufinden. Jaaa, schon gut, mit ein wenig Sarkasmus kann man die Ursache beim Motiv suchen. Aber im Spiegel sah ich heute irgendwie anders aus als auf den Fotos, auf jeden Fall nicht ganz so blaß... ;-)