46. Woche

Zumindest befand ich mich in dieser Woche, als ich diese Seiten geschrieben habe. Ort des Geschehens: Esbjerg, Dänemark. Der erste Schnee fällt in Deutschland, und ich bin nicht dabei. Kalt wird es hier zwar auch langsam, aber die einzigen Auswirkungen von dem Temperatursturz sind fiese Grippe-An- und Ausfälle rund um mich herum. Aber so einfach werde ich es den Bazillen nicht machen...

Montag, 08.11.2004

Ein wichtiger Tag für mein Projekt: Wir besuchten die Firma in Hobro (kurz vor Aalborg), die ein Interesse an einigen Verbesserungen und Erweiterungen ihrer bestehenden Bildverarbeitungsmethodik zur Untersuchung von Materialproben hat. Dafür, daß diese Firma auf ihrem Gebiet mit einem weltweit einzigartigen Produkt aufwarten kann, ist sie unglaublich klein. Von den 12 Mitarbeitern haben wir nur zwei zu Gesicht bekommen, die Firmenführung war nach vier Räumen und einem Büro auch schon vorbei, aber immerhin haben wir unser Thema gut definieren und diskutieren können.
Ach ja, und ein gutes Mittagessen im Hobroer Dorfkrug wurde auch spendiert. Die Fahrt hat pro Richtung zweieinhalb Stunden gedauert; Eine Zeit, in der ich feststellen mußte, daß VW's Passat hinten keinen Platz für Menschen über 1,85 Meter Körpergröße bietet. Naja, immerhin sind meine beiden betreuenden Professoren guter Dinge, daß aus dem Projekt was wird, und vor Allem kann ich da auch endlich mal Unterstützung erwarten. Das ist hier ja leider keine Selbstverständlichkeit.

Dienstag, 09.11.2004

Öfter mal was Neues: Die Vorlesung im Fach control theory wurde heute als Online-Konferenz abgehalten, unser Gastredner (nennt man den dann eigentlich überhaupt so, wo er doch garnicht körperlich anwesend ist?) saß in Aalborg, wir saßen vor unseren Rechner, und mit Headset bewaffnet sind wir dann seinen Folien und seinem Mauscursor gefolgt. Das war erstaunlicherweise garnicht mal so schlecht wie es sich im ersten Moment anhört - man hat dabei durchaus was gelernt, wie die anschließenden Übungsaufgaben belegt haben. Die Technik hatte zwar einige Tücken, aber ich gehörte zu der Minderheit, die sich damit nicht herumschlagen mußte.
Hm, ach ja, meine absolute Lieblingsvorlesung war ja heute auch wieder. Zur Erinnerung: Das war die mit den tollen Präsentationen, zu der ich meinen Teil letzte Woche beigetragen habe. Diesmal hat es sich der faule Sack noch einfacher gemacht, indem er seine Assistentin zur Aufsicht geschickt hat. Er war "sehr beschäftigt". Womit? Naja, eben "sehr beschäftigt". Aha. Okay, dann liege ich wohl nicht allzuweit daneben, wenn ich einen akuten Notstand in der Pepsi-light-Versorgung unterstelle? Nein, schon okay, dafür braucht man uns im Vorfeld nicht mit einer Email behelligen - Davon wird nur das Postfach voll, wer soll das dann alles lesen - und außerdem hat die tolle Mailingliste (mit Daily-Digest-Funktion) noch nie funktioniert.
So war dann auch der Nachmittag nüchtern betrachtet verschwendete Zeit.

Mittwoch, 10.11.2004

Da war er nun, der große Tag an dem uns alle Uni-Standorte ihre Vorschläge für die Masterarbeiten unterbreiten. Dabei ist wirklich eine Menge zusammengekommen, daher ist schon eine grobe Vorabauswahl mit einem gewissen Aufwand verbunden; Und dabei will ich doch auch noch ein paar andere, externe Möglichkeiten verfolgen. Ich muß mich wohl langsam mal ranhalten, die Beschäftigung für die nächste Woche wäre damit wohl erstmal festgelegt.
Was Anderes: Unsere Küche wurde heute neu gestrichen, Frühstück und Mittagessen mußte ich irgendwo zwischen Farbeimern und Abdeckplanen einnehmen. Im Falle des Mittagessens hätte ich dann auch noch beinahe ein Brikett aus der Wagner-Pizza gemacht; Entweder die Packungsgangabe für Temperatur und Zeitdauer im Backofen ist arg pessimistisch, oder aber unser Ofen geht um 50 Grad falsch. Ab jetzt wird nur noch nach Augenmaß gekocht...

Donnerstag, 11.11.2004

Hähäää, Hähäää - Holt die Pappnasen raus, die fünfte Jahreszeit hat angefangen. Das meint zumindest das Frühstücksfernsehen, das bei mir morgens immer als Hintergrundunterhaltung läuft (bin ja eh morgens der einzige in der Küche...), aber dankenswerterweise kennt man in Dänemark anscheinend keinen Karneval. Oder man kennt ihn, läßt ihm aber nicht dieselbe Bedeutung zukommen. Wie auch immer, der Tag war jedenfalls wie jeder andere. Die einzige Vorlesung war computer vision, die Klausurschreiber in diesem Fach (zu denen ich ausnahmsweise mal nicht gehöre, bei mir ist die Prüfung im Projekt enthalten) wollen schon seit längerem die Übungsaufgaben rechnen, und hatten mich deswegen um Unterstützung gebeten.
Ich sage bei solchen Fällen ja fast nie nein, und ich hätte ja auch wirklich gerne geholfen, aber dafür sollten die Leute zumindest ansatzweise vorbereitet sein, es bringt ja nichts wenn ich ihre Aufgaben rechne. Da dies nicht der Fall war, haben wir die ganze Rechnerei auf Morgen verschoben - und wenn ich da mal gerade vorgreifen darf: Auch morgen ist daraus nichts geworden. Und ich habe schon befürchtet, ich wäre in diesem Semester faul... ;-)

Freitag, 12.11.2004

Ich habe mich heute erstmal schlau gemacht, wie die Prüfung in meinem Projekt eigentlich ablaufen soll, bzw. bewertet wird. Da ja neben dem Projektfach noch zwei andere Fächer dort geprüft werden sollen, war die spannende Frage: Sitzen dann drei Profs dort, stellen Fragen und bewerten, oder ist dafür nur der Supervisor verantwortlich? In ersterem Falle wäre ich wieder an den faulen Sack geraten, aber wie sich jetzt herausgestellt hat, wird die Projektnote vom Supervisor alleine festgelegt, die anderen beiden Fächer haben absolut keinen Einfluß. Na großartig, dann hätte ich mich mit dem faulen Sack ja doch guten Gewissens duellieren können. Naja, egal, so habe ich Nerven gespart.
Dann war da noch eine Gastvorlesung von Robert Owen, seines Zeichens Uni-Beauftragter von Texas Instruments Europe. Leider hatte uns keiner gesagt, daß bei dieser Werbeveranstaltung die Professoren die Zielgruppe waren, und weniger die Studenten. Die würden zwar auch von der angepriesenen subventionierten Laborausrüstung profitieren, aber Einfluß darauf haben sie ja letztendlich doch nicht. Somit war das ganze dann doch etwas langweilig, obwohl Mr. Owen sich redliche Mühe gegeben hat, mit Anekdoten seinen Vortrag unterhaltsam zu gestalten.

Samstag, 13.11.2004

Mist, ich habe verpennt. Zehn Uhr sollte wie immer der Dänisch-Kurs beginnen, um viertel vor neun habe ich mich nochmal auf die andere Seite gedreht - und prompt bis fünf vor zehn durchgepennt. Das ist aber auch fies, so im Halbschlaf registriert man nur "ach, es ist noch früh, und es ist Wochenende", also zieht man die einzig logische Konsequenz: Liegen bleiben. Daß selbst am Samstag Termine anliegen, hat sich mein Unterbewußtsein anscheinend noch nicht deutlich genug verinnerlicht. So, und bevor ich mich jetzt weiter in Rechtfertigungen ergehe, sag ich einfach: Dumm gelaufen, aber immerhin nichts wirklich Wichtiges verpaßt. Aber man merkt immerhin, daß ich mich drüber geärgert habe, oder?
Immerhin habe ich meinen Taxi-Termin am Mittag dann nicht auch noch verpennt: Franscesca wollte für eine Woche zurück nach Italien, und mußte daher zum Esbjerger Flughafen. Mir dem Anliegen kam sie auf mich zurück, da meine Tarife deutlich unter denen der hiesigen Taxigewerkschaft liegen - ich fahre für 'ne warme Mahlzeit, in diesem Falle war's Pasta. Und den örtlichen Flughafen kenne ich jetzt auch, er ist sogar ein bischen größer als die Stoppelpiste in Halmstad.
Natürlich war da auch noch die obligatorische Samstagsparty, und natürlich bin ich nach knappen fünf Minuten wieder von dort entschwunden. Ich verstehe das nicht, wie man seiner Leber und seiner Lunge sowas antun kann. Ich kann es nicht.

Sonntag, 14.11.2004

Ein angenehmer Umstand der letzten Sonntage war das durchweg gute Wetter, was auch diesmal (noch?) keine Ausnahme gemacht hat. Also war ich auch wie immer am Strand, nur ich sollte das nächste Mal etwas dickere Klamotten einpacken; Es war windig und saukalt, das Boot hatte ich nicht geladen und auch unter diesen Bedingungen nicht einsetzen können.
Nachmittags habe ich mich dann noch mit dem am Freitag neu aufgesetztem Proxy an der Uni herumgeschlagen, der jetzt offensichtlich nur noch Port 80 durchläßt. Großartig, diese Seiten kommen damit erstmal nichtmehr zum Server, und die einzig noch leidlich funktionierende ICQ-Variante ist das Java-Frontend von go.icq.com. Leidlich deshalb, weil ich die Nachrichten dort mit schwarzen Lettern auf schwarzem Grund schreibe, das Anmelden nur in einem von acht Fällen funktioniert, und das Mistding sowohl ressourcenvernichtend als auch äußerst instabil läuft. Da steht wohl morgen erst mal ein Besuch in der IT-Abteilung an.
Und wieder ist 'ne Woche platt. So langsam entwickelt sich der Zeitverlauf zu einem zweischneidigen Schwert, ich freue mich selbstverständlich schon auf das schnell näherrückende Kläschen-Wochenende, auf der anderen Seite rückt damit der Abgabetermin der Projektarbeit ebenso schnell näher. Im Moment stehe ich zwar mit einem Kopf voller Ideen, aber leeren Händen da - da werde ich mich im Dezember durch einen Haufen arbeit wühlen müssen. Das Schlimme ist nur: Warum kann man mit der Schieberei so schlecht aufhören, wo sich das dicke Ende doch so klar abzeichnet? Wahrscheinlich liegt's daran, daß ich genau weiß, daß es allen Anderen genauso geht. Es wird Zeit, daß ich mich mal wieder von der Masse absetze, im positiven Sinne...